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Schweizer Führungskräfte im Gespräch
Vom jungen Exportleiter direkt zum CEO

Dr. Georg Boonen wurde als 36-Jähriger zum CEO der Max Zeller Söhne AG ernannt, führt die Firma nun seit 17 Jahren und lässt im Stettler CEO Talk hinter seine Karrierekulisse und in die Zukunft blicken.

Dr. Georg Boonen, Sie sind nun seit über 22 Jahren bei der Max Zeller Söhne AG, haben im Jahr 1999 als Export Manager begonnen und wurden dann im Jahr 2004 zum CEO ernannt. Wie kam es zu diesem frühen Karrieresprung?

1999 habe ich mich auf die Stelle des Exportleiters bei Zeller beworben. Ich war 31 Jahre alt, frisch promovierter Pharmazeut und hatte nur 6 Monate Berufserfahrung als Medical Advisor bei der Madaus Tochtergesellschaft Euromed in Barcelona. Ausgeschrieben war die Stelle für einen erfahrenen Exportmanager, mit einigen Jahren Berufserfahrung und entsprechendem Netzwerk. Obwohl ich die gesuchten Qualifikationen nicht mitbrachte, wurde ich eingestellt.

Mir war schnell klar, dass ich beim Ausbau des internationalen Geschäfts nur erfolgreich sein konnte, wenn ich sämtliche Abläufe verstand und die ganze Firma mitzog. Ich habe mich deshalb von Anfang an für alle Bereiche interessiert und – wo möglich – Verantwortung übernommen. Zusätzlich habe ich ein Masterstudium in St. Gallen absolviert.

Zum Zeitpunkt meiner Einstellung war der damalige CEO 57 Jahre alt und ich wusste, dass sein Plan war, die CEO-Position mit 62 Jahren zu übergeben, um sich dann weiter im Verwaltungsrat zu engagieren. Drei Jahre später, im Herbst 2002, bot man mir an, ab Juni 2004 die Nachfolge des CEO zu übernehmen. Das Angebot kam zwar überraschend, ich habe dennoch spontan zugesagt. Ich habe dann die Zeit bis zur Stabsübergabe im Juni 2004 intensiv genutzt, um mich auf die Aufgabe vorzubereiten.

Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken, welches herausfordernde Ereignis hat Sie am meisten geprägt?

Prägend war die Übernahme der Verantwortung als CEO. Normalerweise qualifiziert man sich für eine solche Aufgabe mit mehreren Karriereschritten. Das Durchschnittsalter liegt international, soweit ich weiss, immer noch bei über 50 Jahren. Wenn man eine solche Verantwortung mit 36 Jahren übernimmt, beschleunigt sich zwangsläufig die eigene Persönlichkeitsentwicklung. Rückblickend haben mich zahlreiche Herausforderungen, Rückschläge aber vor allem auch Erfolge, die ich gemeinsam mit meinem Team hatte, geprägt.

Sie sind nun durchgehend seit 22 Jahren in der gleichen Firma tätig, kam für Sie ein Tapetenwechsel nie in Betracht?

Durch die stetige und interessante Weiterentwicklung der Firma hat der Tapetenwechsel innerhalb der Firma stattgefunden. Um 22 Jahre lang an einem Arbeitsplatz glücklich zu sein, braucht man Dynamik und Herausforderung, an denen es mir nie gefehlt hat. Das Wichtigste sind jedoch die Menschen, mit denen man zusammenarbeiten darf, sei es im eigenen Team oder in den Partnerfirmen. Ich empfinde es als grosses Privileg, in einem aussergewöhnlichen Team von hervorragenden Experten arbeiten zu dürfen. Wenn man für Zeller arbeitet, wird man Teil der „Zeller-Familie“. Für mich bleibt Zeller der Ort, an dem ich arbeiten möchte.

Auf welchen Erfolg sind Sie am meisten stolz?

Ich freue mich sehr darüber, dass es uns gelungen ist, Zeller zu einem der führenden Anbieter evidenzbasierter Phytopharmaka zu entwickeln. Wir gehören heute international zu den wenigen Firmen in unserer Nische, die die gesamte Wertschöpfungskette „from seed to patient“ kontrollieren. In der Schweiz sind wir Marktführer in unserem Segment. Dazu gehört auch, dass es uns mit Zeller Medical gelungen ist, gut dokumentierte Phytopharmaka in der Verschreibung durch Ärztinnen und Ärzte zu etablieren.

Diese Entwicklung war nur möglich, weil wir über die Jahre das richtige Team formieren konnten. Auch ich versuche, jungen Nachwuchskräften früh Verantwortung zu geben, um sie dann in ihrer Entwicklung zu begleiten.

Was raten Sie jungen Nachwuchskräften, die eine Karriere wie die Ihre anstreben?

Ich rate jungen Nachwuchskräften, sich einzusetzen und die Bereitschaft zu zeigen, Verantwortung zu übernehmen. Wer gut ist, in dem was er tut, sich mit eigenen Ideen einbringt und sich auch über seinen eigenen Bereich hinaus interessiert und einsetzt, schafft selbst die besten Voraussetzungen dafür, weiterzukommen.

Der berufliche Lebensweg hat aber auch damit zu tun, in welcher Umgebung man sich befindet, wie gut der Vorgesetzte ist und evtl. auch, ob man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Wenn die Umgebung keine Entwicklung zulässt, gehören der Mut und die Bereitschaft, weiterzuziehen, auch dazu. Wichtiger als schnelle Karriereschritte ist die Zufriedenheit und Erfüllung im Job. Auf welcher Karrierestufe und mit wieviel Verantwortung sich das einstellt, muss jeder für sich herausfinden.

Inwiefern hat sich Ihr Führungsstil seit der COVID-19-Krise verändert?

Ich glaube nicht, dass sich mein Führungsstil durch die Covid-Pandemie verändert hat. Ich glaube aber, dass Führung in Krisenzeiten besonders wichtig ist. Ich habe deshalb noch mehr als sonst kommuniziert, Stellung bezogen und meine Einschätzung geteilt.

Inwieweit hat COVID-19 die Produktpalette der Max Zeller Söhne AG beeinflusst?

Unser Portfolio hat sich während der Pandemie als sehr krisenfest erwiesen. Auch wir haben Produkte im Portfolio, die besonders unter der Pandemie gelitten haben. Dazu gehören vor allem Produkte gegen Erkältungskrankheiten und Husten. Sämtliche Infektionskrankheiten wurden durch die Hygiene- und Abstandsregeln und durch das Tragen der Masken stark reduziert. Vor allem unsere ZNS-Produkte in den Indikationsgebieten Schlafstörungen, depressive Verstimmungen sowie Angst- und Unruhezustände wurden verstärkt nachgefragt. Unser gynäkologisches Portfolio, mit Indikationen wie premenstruelles Syndrom oder menopausale Beschwerden, wurde durch die Pandemie nicht beeinflusst.

Die Max Zeller Söhne AG ist in der Schweiz Marktführerin im Bereich pflanzliche Arzneimittel. Bleiben Sie zukünftig in diesem Marktsegment oder ist eine zusätzliche Erweiterung geplant?

Unsere Kernkompetenz liegt im Bereich der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Phytopharmaka. Das wird auch in der Zukunft so bleiben. Wir erweitern unser Portfolio aber auch, um andere Produkte, die unser Portfolio sinnvoll ergänzen und zu denen es keine pflanzliche Alternative gibt.

So führen wir nächsten Monat eine Probiotika-Gamme ein. Wir glauben, dass die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Darmgesundheit in vielen der von uns bearbeiteten Indikationen sehr wichtig ist und dass wir damit unser Portfolio sinnvoll ergänzen.

Wie sieht die aktuelle Pipeline aus?

Wir arbeiten zurzeit an zwei Neuentwicklungen. Dabei handelt es sich um aufwendige Extrakt- und Produktentwicklungen, die mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Wir beschäftigen uns ausserdem intensiv mit unserem bestehenden Portfolio, mit dem Ziel, die zugrundeliegenden Wirkmechanismen unserer Präparate noch besser zu verstehen. Die Entwicklung neuer galenischer Formen für bestehende Produkte und der Ausbau der klinischen Dokumentation gehören ebenfalls zu unserem Entwicklungsprogramm.

Wie lautet Ihre Zukunftsprognose in Bezug auf heute noch unbekannte Nischenprodukte? An welche Produkte denken Sie dabei?

Ich glaube, dass die Rolle des menschlichen Mikrobioms und dessen Beeinflussung durch Prä- und Probiotika immer mehr in den Fokus der Wirkstoffforschung rücken wird. Pflanzliche Nahrungs- und Arzneimittel spielen in diesem Zusammenhang eine immer grössere Rolle. Ich glaube, dass bereits heute viele pflanzliche Arzneimittel ihre Wirkung auch über eine Beeinflussung der Darmflora entfalten.

Noch eine persönliche Frage: Was begeistert, inspiriert und motiviert Sie?

Der offene Austausch innerhalb des Unternehmens und mit meinen Geschäftsleitungskollegen inspiriert mich und bringt mir immer wieder neue Motivation.

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